Am 22. und 23. November 2022 fand im Oyoun in Berlin-Neukölln die zweite Fachkonferenz des Projektes Systemcheck statt. Moderiert wurde sie von Prasanna Oommen und Anne Schneider. Hauptthema der Fachkonferenz waren die aktuelle Studienergebnisse zur sozialen Lage von Solo-Selbstständigen und Hybrid-Beschäftigen in den freien darstellenden Künsten.
Am ersten Tag wurden Forschungsergebnisse der qualitativen Studie „Im freien Fall“ und Zwischenergebnisse der quantitativen Studie zur sozialen Lage von Solo-Selbstständigen und Hybrid-Beschäftigten in den freien darstellenden Künsten von Dr. Hannah Speicher, Prof. Dr. Axel Haunschild (beide Projektpartner*innen von „Systemcheck“ vom Institut für Interdisziplinäre Arbeitswissenschaft der Leibniz Universität Hannover) und Dr. Verena Tobsch (Institut für empirische Sozial- und Wirtschafts-forschung - INES Berlin) präsentiert. Der Fokus lag dabei auf der sozialen Absicherung und Einkommenssituation, Bewältigungsstrategien, Zukunftsvorstellungen und Veränderungsideen der betroffenen Erwerbstätigen.
Im anschließenden Panel „Reality Check: Wo anpacken für passgenauere Arbeitsbedingungen?“ wurden diese von Lisa Basten (ver.di – Kunst & Kultur), Janina Benduski (Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V.) und Axel Haunschild diskutiert.
Als vorletzter Tagespunkt vor dem Tagesresümee waren die Teilnehmenden der Konferenz eingeladen, in zwei parallellaufende Workshops Lösungsansätze für System-Verbesserungen zu erarbeiten. Die Workshops wurden von Stephan Behrmann (Referent Sonderprogramme Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin, Mitglied im Fachausschuss Arbeit und Soziales des Deutschen Kulturrates) und Anne Schneider (Regisseurin, Konzeptorin) anhand folgender Fragen durchgeführt: Was die wichtigsten Erkenntnisse aus den Forschungsergebnissen sind? Welche Problemlagen gilt es am dringendsten zu verbessern? Und wie könnten diese Verbesserungen aussehen?
Am zweiten Tag wurden von den Workshopleiter*innen, gemeinsam mit Lena Krause (FREO – Freie Ensembles und Orchester in Deutschland e.V.), Anne-Cathrin Lessel (Vorstandsmitglied Bundesverband Freie Darstellende Künste) und den Workshopteilnehmenden Sören Fenner und Kaja Jakstat unter dem Titel „Gemeinsam für eine bessere sozialen Absicherung arbeiten“ die Ergebnisse aus den Workshops vorgestellt und diskutiert.
Nach der Präsentation der Studie „In search of fair systems“ durch Cilgia Gadola (Projektleitung „Systemcheck“ und Elisabeth Roos (Mitarbeit „Systemcheck“) gaben die Künstler*innen Ute Kahmann, Stela Korljan, Bridge Markland und Johannes Lange Einblicke in ihre künstlerische Forschung zu Arbeitsbedingungen in den darstellenden Künsten, die im Rahmen der Labore des Programms „Bundesweite Artists Labs“ des Fonds Darstellende Künste erarbeitet wurden.
Im letzten Panel der Konferenz haben unter dem Motto „How-to: Soziale Zukunftsgestaltung für die darstellenden Künste“ Wibke Behrens (Kulturpolitische Gesellschaft e. V.), Helge-Björn Meyer (Geschäftsführung, Bundesverband Freie Darstellende Künste), Heinrich Schafmeister (Bundesverband Schauspiel - BFFS) und Gabriele Schulz (Deutscher Kulturrat) Möglichkeiten für ein faires Absicherungssystem erörtert. Abgerundet wurde der zweite Tag mit einem Abschluss-Resümee mit Prasanna Oommen und Anne Schneider.
In einer vorläufigen Zusammenfassung können folgende Aufagben und Ziele genannt werden:
- Erstellung eines Glossars zur Klärung bestimmter Begriffe, wie z. B. eine Definition bzw. Definitionsschärfe von Selbstständigkeit und „Arbeitslosigkeit“
- Platzierung von Fördermöglichkeiten für ältere Kunstschaffende
- Weiterhin die Forderung für höhere Honorare durch den BFDK, in Zusammenarbeit mit der Matrix der Kulturminister-Konferenz und dem Berechnungsmodell von ver.di
- Qualifizierung in Ausbildungsstätten zu Arbeitsstrukturen, auch für zukünftige Solo-Selbstständigen, sowie die Einrichtung von Beratungsstellen zur KSK
- Reform zu Vereinfachung der Versicherung in der KSK bei parallelen Erwerbsformen
- Schaffung von Möglichkeiten für alle, in der Grundrente versichert zu sein, Anpassungen in der Deutschen Rentenversicherung herbeiführen
- Passende Möglichkeit der Absicherung von Solo-Selbstständigen bei Erwerbslücken; dafür Verbesserungen im bestehenden Instrument installieren
- Beispiele aus anderen Ländern analysieren, auch wenn sie nicht direkt übertragbar sind, aber als Beispiele herhalten können, Möglichkeitsräume zu eröffnen
- Verbesserung der Situation bei Elternschaft und anderer Sorgearbeit für Kunstschaffende bzw. Slebstständige