Am 7. und 8. Dezember 2021 fand die 1. Systemcheck-Fachkonferenz online statt, moderiert von Julia Schell. Nach Vorträgen von Dr. Christian Schmidt (Humboldt-Universität Berlin) und Dr. Karin Schulze Buschoff (Hans-Böckler-Stiftung), die Fragen zum freien künstlerischen Arbeiten aus philosophischer und soziologischer Perspektive behandelten, wurden Einblicke in erste Zwischenergebnisse und Forschungsfragen vorgestellt. Diese Fragen konnten die Teilnehmenden in Think Tanks diskutieren. Das Programm finden Sie hier.
Nach der Begrüßung wurde in Grußworten von Dennis Rohde (Haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion), Uwe Müllenmeister-Faust (Bundesministerium für Arbeit und Soziales), Janina Benduski (Beiratsmitglied, Programmdirektion LAFT Berlin) und Anne-Cathrin Lessel (Vorstandsmitglied Bundesverband Freie Darstellende Künste e.V.) betont, wie wichtig es ist, die lückenhafte Forschung zu den Lebens- und Arbeitsrealitäten in den darstellenden Künsten auszuweiten, Bedarfe im unzureichenden Sozialversicherungssystem sichtbar zu machen und Stellschrauben zu finden. In seinem philosophischen Vortrage „Die freien Künste und das System der gesellschaftlichen Arbeitsteilung“ stellte Christian Schmidt (Humanities and Social Change Center, Humboldt-Universität Berlin) das Modell einer gesellschaftlichen Arbeitsteilung dar und thematisierte in Hinblick auf die Bildung der freien Arbeitskraft die Voraussetzungen und blinden Flecken einer solchen Ordnung.
Nach der Projektvorstellung durch die Systemcheck-Projektleitung Cilgia Gadola, präsentierten Prof. Dr. Axel Haunschild und Dr. Hannah Speicher vom Projektpartner Institut für interdisziplinäre Arbeitswissenschaft der Leibniz Universität Hannover den aktuellen Forschungsstand zu den Arbeitsverhältnissen und insbesondere der sozialen Absicherung von Soloselbstständigen und hybrid Beschäftigten in den freien darstellenden Künsten als letzten Programmpunkt des ersten Tages.
Der zweite Tag startete mit der Vorstellung der Workshops und Themendossiers, die im Rahmen des Forschungsprojektes durchgeführt wurden bzw. in Planung waren. Darauf folgte der Vortrag aus soziologischer Perspektive, „Selbstständigkeit und hybride Beschäftigung in Deutschland - Entwicklung und Herausforderung“ von Karin Schulze Buschoff vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung, wo sie über Entwicklungen und Herausforderungen referierte und offene Aufgaben aufzählte.
Nach der Mittagspause fanden die Think Tanks statt, in denen verschiedene thematische Aspekte der Arbeitsbedingungen und der sozialen Absicherung von Erwerbstätigen in den darstellenden Künsten diskutiert wurden. Geschlossen wurde die Konferenz mit einer Abschlussrunde.
In der ersten Fachkonferenz des im September 2021 gestarteten Forschungsprojektes wurden folgende Schlussfolgerungen gezogen und Lösungsansätze formuliert:
- Bewusstmachung von Phasen des künstlerischen Schaffens, die bisher unzureichend oder (noch) gar nicht vergütet werden. Denn unbezahlte bzw. nicht-abgesicherte Arbeitsphasen führen zu Lücken in der Altersvorsorge.
- Anhebung der Honoraruntergrenzen. Die aktuellen Honorare sind zu gering, um Rücklagen bilden zu können.
- Rentenrücklagen müssen förderfähig werden.
- Die Reform der Künstlersozialkasse in Hinblick auf Hybrid-Beschäftigte und weitere Berufsgruppen, die bisher als nicht-künstlerisch gelten, untersuchen.
- Die Obergrenze des bisher geltenden Mindesteinkommen für dne Zugang in die Grundrente an Arbeitsrealitäten anpassen.
- Förderung und soziale Absicherung hängen untrennbar miteinander zusammen und müssen zusammen betrachtet werden.
- Arbeitslosigkeit, Berufsunfähigkeit stellen Lücken im System der Künstlersozialkasse dar.